Augsburger Spielbrett mit zwölf Spielfiguren
Augsburger Spielbrett mit zwölf Spielfiguren
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Inventar Nr.:
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KP B II.411 |
Bezeichnung:
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Augsburger Spielbrett mit zwölf Spielfiguren |
Künstler / Hersteller:
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unbekannt
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Datierung:
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1. V. 17. Jh. |
Objektgruppe:
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Spiel |
Geogr. Bezug:
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Augsburg |
Material / Technik:
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Ebenholz (teils graviert und mit Gold ausgelegt) auf Eichenholzträger, Silberintarsien; Perlmutterintarsien, Messing vergoldet, emailliertes Silber, Eisen |
Maße:
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geschlossen 7,4 x 38,5 x 38,5 cm (Objektmaß) geöffnet 3,6 x 77 x 38,5 cm (Objektmaß)
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Katalogtext:
Brettspielkästen dienten seit alters dem Zeitvertreib mit der beliebten Trias Mühle, Tricktrack (Backgammon) und Schach. Auserlesene Materialien wie Elfenbein, Bernstein, vergoldetes Silber oder seltene Hölzer weisen die oft mit Sinnsprüchen, Miniaturporträts, mythologischen Szenen oder Wappen verzierten Spielbretter als Zeugnisse des Repräsentationsbedürfnisses bei fürstlicher Kurzweil in hochrangiger Gesellschaft aus; im Alltag und bei weniger privilegierten Personen erfüllten einfachere Bretter den gleichen Zweck.
Die kostbar und aufwendig mit Silber- und Perlmutterintarsien eingelegten Brettspielkästen wurden im 17. Jahrhundert vorzugsweise in Augsburg hergestellt. Die dortigen Kistler hatten vor allem durch ihre Intarsienarbeiten eine herausragende Stellung erlangt, ihre Arbeiten wurden europaweit exportiert. Das berühmteste dieser Spiele ist das heute im Kunstgewerbemuseum Berlin aufbewahrte Spielbrett des Pommerschen Kunstschrankes, der 1610 bis 1617 durch Vermittlung des Kunstagenten Philipp Hainhofer (1578–1647) für Herzog Philipp II. von Pommern (1573–1618) hergestellt wurde. Auch der Kasseler Brettspielkasten gehört zu den in Augsburg gefertigten Stücken und zeichnet sich durch ein umfangreiches Bildprogramm aus.
Das Schachbrett ist mit eingelegten Perlmutterfeldern mit gravierten Blumen- und Fruchtgehängen verziert. Die eingelegten Ebenholzquadrate zeigen vergoldete und gravierte Kaiserköpfe. Mit ähnlichen Verzierungen ist das Mühlebrett auf der Unterseite versehen. Das Trick-Track-Spiel im Kasteninneren wurde sehr aufwendig gestaltet. Ovale und quadratische gravierte Silberplatten fügen sich zwischen Groteskenornamente. Darauf dargestellt sind zum einen niederländische, teilweise auf Kupferstiche von Claesz Janszoon Visscher (1587–1652) zurückgehende Landschaften, zum anderen Personifikationen der Elemente und der vier Jahreszeiten. Die gravierten Mittelstreifen des Trick-Track-Spiels stellen das „Urteil des Salomon“ sowie „Saul, den Speer nach David werfend“ vor. Rechts und links sind auf kleineren Platten – durch die Beischriften „Julius Caesar Roma“, „Alexander Magnus Grecia“, „Ninus Affri[c]a“ und „Cirus Persia“ gekennzeichnet – die vier alten Weltmonarchien dargestellt.
Jüngst wurde das Spiel dem Besitz des Grafen Friedrich Casimir von Hanau (1623–1685) zugewiesen (Bott 2015, Kat.-Nr. 25). Die dafür herangezogene Quelle ist allerdings zweifelhaft, nennt sie doch nur „Item ein Brett Spiel“. Das im Nachlassinventar des Landgrafen Carl von Hessen-Kassel von 1730 aufgeführte „ gar sauber schwartzes Brethspiel, mit silber und vergult, auch Perlmutter eingelegt“ legt die Herkunft des Spieles aus altem hessisch-landgräflichen Sammlungsgut nahe
(Cornelia Weinberger in: Kat. Kassel 2016)
Literatur:
- Bethe, Hellmuth: Das Hainhofer-Spielbrett in Hamburg und seine Verwandten. In: Festschrift Meyer (1957), S. 183-190.
- Sammler, Fürst, Gelehrter, Herzog August zu Braunschweig und Lüneburg 1579-1666. In: Ausstellungskataloge der Herzog- August-Bibliothek Bd.27 (1979), S. 172-180, S. 172-180.
- Moritz der Gelehrte. Ein Renaissancefürst in Europa [Begleitpublikation aus Anlass der Ausstellung in Lemgo, Weserrenaissance-Museum Schloß Brake, 19. Oktober 1997 - 1. Februar 1998, Kassel, Staatliche Museen Kassel, Orangerie, 6. März 1998 - 31. Mai. Eurasburg 1997, Kat.Nr. 256.
- Seipel, Wilfried [Hrsg.]: Spielwelten der Kunst. Kunstkammerspiele. Wien 1998.
- Walz, Alfred [Hrsg.]; König-Lein, Susanne [Hrsg.]: Weltenharmonie. Die Kunstkammer und die Ordnung des Wissens. Braunschweig 2000, Kat.Nr. 312.
- Schmidberger, Ekkehard; Richter, Thomas; Eissenhauer, Michael [Hrsg.]: SchatzKunst 800-1800. Kunsthandwerk und Plastik der Staatlichen Museen Kassel im Hessischen Landesmuseum. Wolfratshausen 2001, S. 180, Abbildung S. 181, Kat.Nr. 73.
- Bott, Gerhard: Graf Friedrich Casimir von Hanau (1623 - 1685). Der "König vom Schlaraffenland" und seine Kunstschätze. Hanau 2015, S. 142-143, Abbildung S. 142-143, Kat.Nr. 25.
- Scherner, Antje [Bearb.]; Cossalter-Dallmann Stefanie [Bearb.]: Aus der Schatzkammer der Geschichte. Vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert. Petersberg 2016, S. 86, Abbildung S. 86, 87, Kat.Nr. 34.
Letzte Aktualisierung: 02.05.2023