Spielbrett



Spielbrett


Inventar Nr.: KP B II.409
Bezeichnung: Spielbrett
Künstler / Hersteller: unbekannt
Datierung: 1649 - 1683
Objektgruppe: Spiel
Geogr. Bezug: Idar-Oberstein (Region)
Material / Technik: Achat, Email, Silber, vergoldet, Holzkern, Holzintarsien (Hinweis Hr. Holzhey: Achate und Moosachate aus der Region Idar-Oberstein, wahrscheinlich auch gelbliche Achate von Mambächel (Wüstung im Truppenübungsplatz Baumholder), Hinweis Hr. Werthmann: kein Solnhofer Stein verarbeitet
Maße: zusammengeklappt 7,4 x 30,6 x 31,6 cm (Objektmaß)
auseinander geklappt 63,1 cm (Länge)
Beschriftungen: hSLh unter Fürstenhut
SANS. OMBRE
A IAMAIS.
RIEN NE ME CHANGE GUE (sic!) LA MORT.
CONSTANT.ET.FIDEL
"20", "15", "22", "17"


Katalogtext:
Der prachtvolle Brettspielkasten mit Feldern für Schach, Mühle und Tricktrack (Backgammon) stammt aus dem Besitz der Landgräfin Hedwig Sophie von Hessen-Kassel (1623–1683), einer Tochter des Kurfürsten Georg Wilhelm von Brandenburg. Dies geht aus den Spiegelmonogrammen der vier Emailmedaillons hervor, die kunstvoll verschlungen die Buchstaben „h S L h“ (Hedwig Sophie Landgräfin [zu] Hessen) unter dem Kurhut zeigen. Die Farben der Monogramme, Blau, Rot und Gold, verweisen auf die heraldischen Farben des Kurfürstentums Brandenburg und spielen wie auch der Kurhut auf die familiäre Herkunft der Landgräfin an.
Den silbervergoldeten Rahmen der Schach- und Mühleseite zieren vier weitere Medaillons mit von Umschriften begleiteten Sinnbildern (Impresen). Auf der Schachseite sind dies zwei ineinandergreifende Hände, aus deren Verbund ineinander verschlungene Schnüre und zwei Herzen hervorkommen mit dem Motto „A IAMAIS“ (für immer) sowie ein Obelisk, auf dessen Spitze die Sonne zu sehen ist, mit der Umschrift „SANS OMBRE“ (ohne Schatten ). Auf der Mühleseite zeigen die Medaillons eine weibliche Figur mit Helm, einer Säule und einem Hündchen und der Umschrift „CONSTANT ET FIDEL“ (beständig und treu) sowie eine Palme mit der Umschrift „RIEN NE ME CHANGE CHE LA MORT“ (nichts verändert mich außer der Tod ). Alle Impresen variieren bekannte Motive der barocken Emblematik und haben Treue, Reinheit und Beständigkeit zum Thema.
Die Zusammenstellung und Aussagen der Medaillons lassen an ein Hochzeitsgeschenk denken, das Hedwig Sophie im Jahr 1649 anlässlich ihrer Eheschließung mit Landgraf Wilhelm VI. von Hessen-Kassel (1629–1663) erhalten haben könnte. Allerdings fehlen die für einen solchen Anlass üblichen Verweise auf den Ehegatten etwa durch weitere Spiegelmonogramme mit dessen Initialen. So könnte das Spielbrett auch nach dem Tode Wilhelms VI. im Jahr 1663 entstanden sein. Die Medaillons würden dann ihre Treue, Reinheit und Beständigkeit über den Tod hinaus preisen.
Die Spielfelder der Schachseite sind mit Achaten der Region Idar-Oberstein besetzt. Die dortigen Schleifmühlen fertigten aus den Rohsteinvorkommen oftmals nur Halbfertigwaren wie Plättchen oder ungefasste Schälchen. Auswärtige Goldschmiede erwarben die vorgefertigten Schmucksteine und verarbeiteten sie in ihrer Heimat zu aufwändigen Luxusgütern weiter. Auf einen solchen Prozess dürfte auch das Spielbrett zurückgehen, dessen Entstehungsort mangels Goldschmiedemarken leider unklar bleibt.
Zum Spiel gehörten ursprünglich 16 silberne und 16 silbervergoldete Spielfiguren. Sie sind verschollen, seit das Spielbrett 1808 an Jérôme Bonaparte König von Westphalen abgeliefert werden musste. 1827 vermerkte Johann Ludwig Völkel (1762–1829), damaliger Kustos des Museums Fridericianum und Verfasser des Bestandsinventars aller Pretiosen über das Spielbrett: „1813 fand ich es in dem von ihm [Jérôme] verlaßenen Schloß, aber mit beschädigten Feldern und ohne die dazu gehörigen Figuren“ (Inventar B II, S. 69). Der kritische Zustand, in dem sich das Spielbrett lange befand, konnte durch eine Restaurierung im Jahr 2003 behoben werden, bei der 12 fehlende Achate des Schachfelds sowie drei Eckpalmetten ergänzt wurden.
(Antje Scherner in: Kat. Kassel 2016)



Literatur:
  • Koeppe, Wolfram; Giusti Annamaria: Art of the Royal Court. Treasures in Pietre Dure from the Palaces of Europe. New York - New Haven - London 2008, S. 250, Kat.Nr. 83.
  • Scherner, Antje [Bearb.]; Cossalter-Dallmann Stefanie [Bearb.]: Aus der Schatzkammer der Geschichte. Vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert. Petersberg 2016, S. 92, Abbildung S. 92, 93, Kat.Nr. 37.


Letzte Aktualisierung: 27.10.2023



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